Der stark wachsende Automobilzulieferer Preh Car Connect GmbH plant, seine Software-Entwicklung künftig auf die Methodik der Produktlinien-Entwicklung umzustellen. Als langjähriger Enterprise Architect Kunde stieß man dabei auf LemonTree von LieberLieber. In einem gemeinsamen Vortrag wurde nun das ehrgeizige Konzept dazu präsentiert.

Wien/Dresden – Die Produktlinien-Entwicklung unterstützt Unternehmen dabei, im Rahmen einer Plattform bereits erstellte Software wiederzuverwenden bzw. zu variieren. Die entstehenden Varianten unterscheiden sich in ihrem Funktionsumfang, die Grundbestandteile der Software kommen dabei aber immer wieder zum Einsatz. Dipl.-Informatiker Tim Michaelis, Softwarearchitekt bei Preh Car Connect: „Da wir im Unternehmen stark wachsen und viele Serienprojekte umsetzen, lassen sich dabei Bestandteile unserer eigenen Software immer wieder verwenden. Bisher ist das allerdings nur durch aufwendiges manuelles Kopieren insbesondere der Modelle möglich. Gemeinsam mit LieberLieber arbeiten wir daher an einem Projekt, mit dem sich solche Vorgänge automatisieren lassen. LemonTree ist für uns ein wichtiger Baustein, um diese Entwicklungsschritte schneller und einfacher umsetzen zu können.“ Bei Preh Car Connect arbeiten insgesamt ca. 1.200 Mitarbeiter an acht Standorten weltweit. Der Hauptsitz und zentrale Entwicklungsstandort des Unternehmens befindet sich in Dresden. Das Unternehmen entwickelt und produziert seit mehr als 20 Jahren hochwertige Infotainmentsysteme für namhafte OEMs, darunter auch die Volkswagengruppe.

Vortrag beim TdSE 2017
Am „Tag des Systems Engineering 2017“ (TdSE) stellten Roman Bretz (CTO von LieberLieber) und Tim Michaelis das neue Konzept vor. Unter dem Titel „Modellversionierung in der Produktlinien-Entwicklung mittels Enterprise Architect und LemonTree“ betonten sie, dass der Kosten- und Innovationsdruck die zentralen Treiber für den Umstieg auf eine Produktlinienentwicklung seien. Roman Bretz: „Wir stellten am TdSE unser Konzept vor, verteilt an verschiedenen Modellversionen zu arbeiten, jedoch die „Basis-Software-Plattform“ stets in einem konsistenten Zustand zu halten. Die zentrale Idee dabei ist die Anwendung bereits existierender Ansätze, die sich im Bereich des Konfigurationsmanagements von Quellcode etabliert haben.“ Die zunehmend notwendige Verkürzung von Entwicklungszyklen erfordert zwingend eine enge Zusammenarbeit der verschiedenen Beteiligten an Kundenprojekten und Plattformentwicklung. Handelt es sich um komplexe Produkte mit sehr vielen Komponenten und betreuenden Fachgruppen, die bisher auf Basis eines gemeinsamen Modells arbeiteten, ergeben sich völlig neue Herausforderungen auf Modellebene. Die sogenannte „Basis-Software“, die die Grundlage der einzelnen Produktlinien bildet, als eigenständige Plattform zu etablieren und in einzelnen Kunden-Projekten zu adaptieren und zu erweitern, ist mit heutigen Standard-Modellierungswerkzeugen nicht ohne weiteres möglich.

Schritt für Schritt zur Produktlinien-Entwicklung
Eine 2017 erschienene Studie der deutschen Managementberatung Unity AG (siehe Kasten) beschreibt verschiedene Ausbaustufen in der Produktlinien-Entwicklung. Dabei geht der Weg von der integrierten zur antizipierenden Entwicklung, die Etablierung in der Praxis ist derzeit noch im Anfangsstadium. Michaelis: „Die Produktlinien-Entwicklung bedeutet für uns im Unternehmen einen großen Wandel. Dabei ist die Unterstützung durch geeignete Werkzeuge wie LemonTree ein wichtiger Punkt. Das Produkt hilft uns unter anderem dabei, Änderungen in den Projekt-Modellen besser und genauer verfolgen zu können.“ Mit der Einführung der neuen Methode gehört das Unternehmen sicher zu den Pionieren in der Automobilindustrie, unterstützt von den LieberLieber Experten. Bretz: „Wir freuen uns, unser Know-how in dieses zukunftsweisende Projekt einbringen zu können. Das ist ganz im Sinne unserer Unternehmensphilosophie, die darauf abzielt, im Bereich der modellbasierten Software- und Systementwicklung nur state-of-the-art Methoden in der Praxis anzuwenden.“ Wie die bereits erwähnte Studie (S. 22) belegt, gibt es in diesem Feld jedenfalls genug zu tun: „In der digitalen Transformation ist Model-Based Systems Engineering Grundlage dafür, die Komplexität in der Fahrzeugentwicklung beherrschen zu können. Der modellbasierte Ansatz fördert die Standardisierung. Verteilte Entwicklung, Variantenmanagement und domänenübergreifende mechatronische Entwicklungsprozesse werden effektiver und effizienter.“

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Studie: Autoindustrie im Umbruch
In seiner Studie „Die Digitalisierung der Produktentstehung – Die Automobilindustrie im Umbruch“ beleuchtet die Managementberatung Unity AG die Digitalisierung der Produktentstehung in der Automobilindustrie: „Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass alle genannten Herausforderungen auf zwei Aspekte weisen: Komplexe, vernetzte Zusammenhänge und hohe Veränderungsgeschwindigkeit. Beides wird nicht mit heutigen Entwicklungsmethoden händelbar sein. Stattdessen gilt es, auf einem fachbereichsübergreifend implementierten Systems Engineering-Fundament, neue und durchgängig modellbasierte Prozesse zu etablieren“ (S.12).

Zu der im vorliegenden Artikel beschriebenen modellbasierten Produktlinien-Entwicklung heißt es: „Ein Entkommen aus diesem Dilemma verspricht das Model-Based Product Line Engineering. Übergeordnete Ziele sind die Beherrschung der Varianz und die Verkürzung der Time to Market. Gleichzeitig sollen sich Verbesserungen einzelner Komponenten in vielen verschiedenen Produkten niederschlagen….Zudem sichert der modellbasierte Ansatz einerseits die Durchgängigkeit der Entwicklungsarbeit und andererseits die Singularität des Entwicklungsaufwands.“ (S. 23)

Schulze, S.-O./ Steffen, D./ Wibbing, P./ Wigger, T.: OPPORTUNITY: Die Digitalisierung der Produktentstehung – Die Automobilindustrie im Umbruch, UNITY, 2017

Über die Preh-Gruppe

Die Preh Car Connect Gmbh ist Teil der Preh-Gruppe. Als global aufgestellter Automobilzulieferer und Automationsspezialist beschäftigt die Preh-Gruppe mehr als 6.000 Mitarbeiter und erzielt einen Umsatz von deutlich über einer Milliarde Euro. Preh wurde 1919 in Bad Neustadt a. d. Saale gegründet und gehört seit 2011 zur Joyson-Gruppe. Zu den Entwicklungs- und Fertigungskompetenzen von Preh gehören insbesondere HMI-Systeme für Pkw und Nutzfahrzeuge, Infotainment- und Connectivity-Lösungen sowie E-Mobility-Steuergeräte. Innerhalb der Joyson-Unternehmensgruppe, Ningbo (China), die 2004 von Jeff Wang gegründet wurde, bildet Preh die Division Automotive Electronics. Joyson zählt heute zu den weltweit 100 größten Automobilzuliefern.
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